Bidirektionales Laden: Wann stabilisieren Elektroautos das Stromnetz?

Samstag, 1. Juli 2023
Je mehr erneuerbare Energien zugebaut werden, desto wichtiger werden kurzzeitige und saisonale Speicherlösungen. 

Wenn sich die Branchenprognosen zur Elektromobilität bewahrheiten, dann fahren im Jahr 2030 bereits ein bis zwei Millionen Elektroautos auf Schweizer Straßen. Wäre es nicht genial, diese Batteriefahrzeuge als Zwischenspeicher zu nutzen? Für die Netzstabilität wäre es ein deutlicher Fortschritt und Autobesitzer würden profitieren. Genannt wird dieses Konzept “Vehicle-to-Grid” (V2G).

Das theoretische Potenzial von V2G ist gross. Immerhin parken Elektroautos durchschnittlich satte 23 Stunden pro Tag! Der weltweit grösste Feldversuch wurde 2019 in Utrecht gestartet. Wie weit aber ist das Thema V2G in der Schweiz und worauf kommt es bei dessen Einführung an?

Die Grundvoraussetzungen für bidirektionales Laden sind in allen Anwendungsfällen gleich: Ladestationen und Elektroautos müssen den Strom in beide Richtungen bewegen können. Bidirektionale Ladestationen sind am Markt erhältlich. Die 10 KW-Ladestation des schweizer Herstellers EVTEC beispielsweise kostet knapp 20’000 Franken.

Der grössere Engpass besteht bei den Elektrofahrzeugen. Auch wenn die meisten Hersteller bereits Prototypen testen, sind nur wenige Fahrzeuge für bidirektionales Laden freigeschaltet: Honda e, Nissan Leaf und e-NV 200, Mitsubishi i-MiEV, Outlander und Eclipse Cross, Peugeot iOn und Citroën C-Zero. Renault und VW haben bidirektionale Modelle angekündigt.

Damit Autobesitzer von netzdienlichem Laden profitieren können, sind dynamische Stromtarife erforderlich. Diese werden bislang nur vereinzelt angeboten: bei den Stadtwerken in Bellinzona (Azienda Multiservizi Bellinzona AMB) und für Gewerbekunden bei Ampere Dynamic Energy. Andere Elektrizitätswerke bewerten den Rechtsrahmen als noch unausreichend.

Beim V2G kommt eine netzdienliche Entladung der Fahrzeugbatterien hinzu. Um eine netzdienliche Entladung zu verwirklichen, werden noch Vermarkter von Netzdienstleistungen benötigt. An einem entsprechenden Angebot arbeitet das schweizer Start-up sun2wheel bereits.

Ob und wie schnell V2G an Fahrt aufnimmt und sich ausbreitet, lässt sich noch nicht abschätzen. Ein wichtiger nächster Schritt wären Projekte, in deren Rahmen wie in Utrecht eine grössere Zahl an Stationen aufgestellt werden. Bereits heute entlasten mobile und stationäre Batteriespeicher die Verteilnetze in der Mittagszeit, wenn am meisten Solarstrom produziert wird.

Wie viel der Batteriekapazität zur Netzstabilisierung freigegeben wird, hängt von den Fahrzeug-Herstellern ab. In dem Screenshot sehen Sie die restiktiven Bedingungen eines Skoda Enyaks.
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